Ansichten eines Clowns

Ansichten eines Clowns - Heinrich Böll

Klappentext:
"Ich bin ein Clown, im Augenblick besser als mein Ruf. Und es gibt ein katholisches Lebewesen, das ich notwendig brauche: Marie - aber ausgerechnet die habt ihr mir genommen."
Hans Schnier kann nicht akzeptieren, dass Kirche oder Staat bestimmen, was eine Ehe ist...

Inhalt:
Hans Schnier ist ein Clown, der eigentlich ziemlich erfolgreich ist und eigentlich auch nicht unglücklich. Aber dies alles eben doch nur eigentlich. Seine grosse Liebe Marie, mit der er sechs Jahre lang unverheiratet zusammen gelebt hatte, was natürlich nicht von allen gerne gesehen wurde, hat ihn verlassen und ist nun mit dem reichen und sehr katholischen Verbandsfunktionär Heribert Züpfner verheiratet. Hans kann mit diesem Verlust nicht umgehen. Wie kann es sein, dass ein amtliches Papier, oder - noch schlimmer - eine Glaubensgemeinschaft, betimmt, ab wann und mit wem man verheiratet ist und dass man als Paar verheiratet sein muss, um akzeptiert zu werden? Und warum hat Maire ihn für einen so schneinheiligen und arroganten Katholiken verlassen?
Er ertränkt seine Sorgen im Alkohol, wird bei jedem Auftritt peinlicher und schlechter und verletzt sich schliesslich an seinem Knie. Nun beginnt die Geschichte aber eigentlich erst richtig. Er muss nämlich irgendwie zu Geld kommen, ruft alle seine Freunde an, bittet sogar um Hilfe und hat in der Zeit, in der er alleine liegen und sich schonen muss, noch mehr ruhige Minuten, in denen er Marie nachtrauern kann.

Meine Meinung:
Bis jetzt war ich immer begeistert, wenn ich ein Buch von Heinrich Böll gelesen hatte und es ging mir bei diesem Buch genau gleich. Ich habe es eigentlich schon im Dezember begonnen und dann kam immer wieder irgendwie etwas dazwischen und so habe ich es einfach neben meinen anderen Büchern gelesen und es nun endlich beendet. Ich musste beim Lesen jeweils in der Stimmung für dieses Buch sein, weil es sich halt nicht einfach nur konsumieren lässt, sondern weil es sehr tiefgründig und kritisch ist, was ich aber sehr schätze und leider viel zu wenig in meinen Büchern finde.
Hans Schnier ist ein toller Charakter. Er will eigentlich nur mit seiner Marie glücklich sein und obwohl er nicht wirklich gut mit Geld umgehen kann und häufig auf zu grossem Fusse lebt, so nimmt er seine Arbeit doch sehr ernst und trainiert hart und viel für seine Auftritte.
Dieses ganze Buch ist eine Reflexion über das Leben eines Clowns und Hans Schnier erzählt uns in der Ich-Perspektive Geschichten von seiner nicht immer ganz einfachen Familie, seiner grossen Liebe Marie und seinen Freunden und Feinden. Er schweift dabei gedanklich immer wieder zu einem Ereignis aus der Kindheit, einer glücklichen oder traurigen Episode mit Marie oder einer Begegnung mit Kirche und Staat ab, versinkt in seiner Sentimentalität und wird jeweils durch das Klingeln der Haustür oder des Telefons oder durch einen stechenden Schmerz wieder ziemlich abrupt in die Realität zurück geholt.
Dieses Buch ist ein Buch über viele Missverständnisse in der Gesellschaft. Warum nur führt der grosse Clown seine Nummer vom General nicht mehr auf? Wie kann es sein, dass er und sein Bruder nicht mehr mit der Mutter Karten spielen wollen? Warum stehen Marie und er meistens erst gegen Mittag auf und wie kommt Hans Schnier auf die abartige Idee, einem Kind ein Ei in die Milch zu rühren? Für jede dieser Fragen hat sowohl die linke, wie auch die rechte Presse oder sein Bekanntenkreis und die Vermieterin immer sofort eine Erklärung zur Hand, die häufig nicht schmeichelhaft ausfällt, politisch oder religiös begründet ist und im schlimmsten Fall nicht einmal annähernd mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Hans Schnier gibt dem Leser aber die Gründe an, erklärt sich und überzeugt ohne sich rechtfertigen zu müssen.
Es leuchtet ein, dass dieses Buch zur Zeit seiner Veröffentlichung viele wunde Punkte getroffen und einen riesigen Wirbel verursacht hat. Zu kritisch waren die Äusserungen zu Kirche und Staat und den Scheinheiligkeiten von hohen Tieren in beiden Instanzen. Zu politisch und genau geschildert war die Ausweglosigkeit in Schniers Leben. Und obwohl sich der Autor dagegen wehrte, mit dem Protagonisten verglichen zu werden, so haben Hans Schnier und Heinrich Böll doch eines gemeinsam: ihnen wurde beiden zu viel Unverständnis entgegen gebracht, Böll für sein Werk, seine berechtigte Kritik an Staat und Kirche und sein Ziel, einen Gesellschaftsroman mit einem traurigen Clown als Hauptfigur zu schreiben und Schnier dafür, dass er eigentlich nur seine Marie zurück will und jeden möglichen "Täter", der sie von ihm weggeführt haben könnte unabhängig von seinem Posten und seiner politischen Orientierung verflucht.

Fazit:
Auch dieses Buch von Heinrich Böll empfehle ich gerne und voller Überzeugung weiter und hoffe, dass es dem einen oder anderen von euch ein Schmunzeln entlockt und eure Herzen für diesen verzweifelten Clown und seine Botschaft öffnet.


Zusätzliche Infos:
Autor: Heinrich Böll
Taschenbuch: 281 Seiten
Sprache: Deutsch
Verlag: dtv
ISBN  978-3-423-00400-8

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